Thomas Menk – Bewusstsein schaffen für das Unbewusste | IMAG Magazin
Ein Gespräch über kleine Schritte und große Veränderungen
„Planbarkeit war früher ein Qualitätsmerkmal von erfolgreichen Unternehmen. Die nächsten Jahre vorauszuplanen und damit Maßnahmen zur Zielerreichung vorzubereiten gab Sicherheit und Wettbewerbsvorteile. Heute können wir noch nicht einmal das nächste halbe Jahr erfolgreich vorausblicken.
Die Veränderungen im Markt zwingen zu anderen Denkweisen in den Unternehmen. Mit der Globalisierung, der Vergleichbarkeit und dem Informationsoverflow durch das Internet umzugehen und trotzdem schnelle und sichere Entscheidungen zu treffen ist eine Riesenherausforderung für uns alle“, sagt Thomas Menk, der zu den führenden Beratern im Bereich Intuition- und Innovationsentwicklung für Führungskräfte und Unternehmen zählt. iMAG traf ihn in seinem Büro in Hachenburg.
Herr Menk, was müssen wir anders machen?
Rationale Entscheidungsprozesse brauchen heute einfach zu lange. Wir müssen wieder lernen, mehr aus dem Bauch heraus zu entscheiden und auf unsere innere Stimme zu hören; diese weiß genau, was richtig ist oder nicht. Die Neurowissenschaft legt seit Jahren Studien vor, dass die intuitiven Ergebnisse meist die besseren sind.
Wie erklären Sie Intuition?
Die Intuition ist ein Impuls, ohne dass man ihre Entstehung oder Herkunft selbst begründen könnte. Intuition ist einfach, klar und auf den Punkt. Intuition ist nicht gewunden, nicht geheimnisvoll und nicht langatmig. Im Gegensatz zur rationalen Vorgehensweise kommt die Intuition nicht vom Teil zum Ganzen, sondern erfasst direkt das Ganze.
Ist Intuition für jeden erlernbar?
Natürlich, Intuition ist eine menschliche Fähigkeit. So wie das Seh- und Hörvermögen können wir sie zwar nicht großartig trainieren, aber wir können lernen ihr zu vertrauen. Wir müssen wieder lernen das intuitive Gefühl zu erkennen. Kognitive Fähigkeiten werden ab Kleinkindalter in unserer Gesellschaft gefördert. Kennen Sie jedoch Methoden, Ihre Intuition abzurufen? So verschütten wir in unserem Entwicklungsprozess die eigene Intuition. Jetzt ist es wieder Zeit sie freizuschaufeln.
Haben analytisches Denken und Verstand für uns einen zu hohen Stellenwert?
Genau das. Der Druck auf uns ist dadurch immens groß, so dass viele von uns damit nicht mehr klarkommen. Wir haben eine Burnout-Situation, die sich laut der WHO in den nächsten Jahren um das Sechsfache verschlimmern wird. Aussteigen ist nicht die Lösung. Wir müssen andere Formen des Arbeitens und des Lebens finden, um mit der Komplexität umzugehen.
Wie könnten diese neuen Formen aussehen?
Mein Arbeitsschwerpunkt in Unternehmen ist es, neues Denken zu initiieren und damit neues Handeln zu ermöglichen. Ich setzte auf professionelle Intuition, Kreativitätsentwicklung und gelebte Unternehmensvision. Glaubensätze und emotionale Barrieren hindern uns daran, neues zu entdecken und Möglichkeiten zu ergreifen. Das Ändern der eigenen Wahrnehmung führt meist zu einem neuen Bewusstsein. Wenn wir es dann noch schaffen, den äußeren Raum zu ändern, haben wir schon viel erreicht. Es gibt zum Beispiel interessante Projekte in der IT, die die Selbstverantwortung wieder stärken z.B. dadurch, dass es in den Unternehmen keine Führung mehr gibt. Wir glauben zwar, durch Führung mehr Kontrolle zu haben und dass die Prozesse dadurch besser funktionieren, aber das ist mit unserer gesellschaftlichen Entwicklung nicht mehr konform. Ein hierarchieloses Unternehmen schafft mehr Selbstbestimmtheit und Verantwortung für die Mitarbeiter und das führt zu einem ganz neuen Bewusstsein. Es braucht aber ein ganz anderes Denken und Verantwortung bei den Mitarbeitern und der Führungsspitze, um so etwas umzusetzen. Das ist jedoch nur ein Beispiel und für viele größere Unternehmen nur in sehr langen Prozessen, wenn überhaupt, umzusetzen. Aber es zeigt auch, dass sich die Arbeitswelt verändert und neue Formen entstehen werden. Der Homo oeconomicus hat sicherlich ausgedient. Vertrauen in sich und andere muss wieder im Vordergrund stehen und da kommen wir mit unserer anerzogenen Rationalität nicht weiter.
Wenn Sie mit Firmen arbeiten, wie groß ist dann die Bereitschaft der Teilnehmer?
Ganz unterschiedlich. Am Anfang ist fast immer Skepsis da. Meine Arbeit steht für Veränderungsprozesse, und Veränderung ist immer etwas Unsicheres. Man muss schauen, dass man die Menschen da packt, wo sie erkennbare Defizite haben. Es dauert, bis man Vertrauen schafft und die Teilnehmer sich öffnen. Danach sind sie für Veränderungen meist bereit. Man möchte natürlich als Berater gern schnell etwas verändern. Aber das geht nicht. Oft reichen kleine Verhaltensänderungen; Bewusstsein schaffen für das Unbewusste, wo Potential und Kraft sind. Vertrau deinen eigenen Impulsen – du merkst doch, dass du gegen dich selbst handelst; du tust nicht das, was du eigentlich für gut hältst! Das Vertrauen zu haben, das zu tun, was man selbst für gut befindet, allein das ist ein Riesenschritt.
Was kommt nach der Phase des Misstrauens?
Auch ich habe eine Strategie und versuche, sie in kleinen Schritten umzusetzen. Ich habe ein Ziel, das ich erreichen möchte. In Workshops wird erarbeitet, wie man seinen Zielen näherkommt. Das ganze eingebettet in die Ausrichtung und Vision des Unternehmens. Danach kommen die privaten Sitzungen, in denen man versucht, die Hemmnisse auszuräumen – Bedenken, Strukturen, die eigene Persönlichkeit erkunden, um zu fragen: Warum schaffst du es nicht, die Sache von der oder der anderen Seite zu sehen, um einen besseren Zugang dazu zu bekommen?
Leisten Sie da auch psychologische Hilfe?
Im Grunde ja. Beim Coaching geht es nicht darum, dass ich anderen sage, was sie zu tun haben – Coaching ist, dass Menschen sich selbst erkennen – ich gebe nur eine Hilfe zur Selbsthilfe. Es sind nie die großen Schritte, die Veränderungen ausmachen, sondern die kleinen. Es kommt eins zum anderen – Licht, Bilder, Blumen, Gestaltung, Musik, und gleich hat man ein anderes Gefühl. Wir sind ganz unten und wollen hinauf auf den Berg. Wenn wir den Weg vor uns sehen, denken wir, dass wir ihn niemals schaffen werden. Aber wenn wir den ersten Schritt machen, kommt auch der nächste und der übernächste und so weiter, bis wir irgendwann überrascht sind, dass wir schon auf dem Gipfel angekommen sind.
Der Artikel ist hier erschienen: www.i-mag.tv